Der Alltagsrassismus des BMI: Das Gotham City der Nullchecker

Liebes Bundesinnenministerium, natürlich ist mir Deine bescheuerte Plakataktion aufgefallen. Die Poster mit den sichtbar muslimischen Menschen darauf, und dem Text unten drunter, der mir erklärt, dass die abgebildete Person vermisst wird. Da sie sich anscheinend gerade radikalisiert. Und vielleicht klopfen sich im BMI gerade alle auf die Schulter. Man hat zwar nach dem Faux Pas und dem ganzen Remmi-Demmi um diese Aktion nun als Kollateralschaden den Austritt der islamischen Verbände aus der „Initiative Sicherheitspartnerschaft“ zu verschmerzen. Aber vielleicht gelingt es jetzt doch nochmal für zwei, drei Schnappatmungen – im Zuge der Proteste gegen diesen hetzerischen Mohammed-Film – dieser beknackten Aktion Wichtigkeit, Bedeutung und Relevanz beizumessen. Schließlich wurde ja auch heute im Radio mitgeteilt, dass nun extra wieder und aus aktuellem Anlass „Salafisten“ beobachtet würden. (Hust. Hust. Hust.).

Glauben die Mitarbeiter des BMI eigentlich, Deutschland wäre das Gotham-City für Vollidioten Vollhonks? Und wenn es doch so sein sollte, ist ein Großteil der BMI-Mitarbeiter_innen dann nicht vielleicht selbst das beste Exempel für die größten Hohlbirnen vor dem Herrn?

Ist aber eigentlich auch scheißegal, denn das was ich sagen wollte ist: Ich vermisse gar nix, ich kenne keine Personen, die sich radikalisiert hätten oder kurz davor stehen. Viel eher ist die Wahrscheinlichkeit, dass mir so jemand unterkäme, in etwa so groß wie die Möglichkeit, Home-Schooling-durchführende kreationistische Elternpaare aus der Nähe von Paderborn zu einer lockeren Diskussionsrunde über Darwins Thesen in meine vier Wände zu locken.

Neee, echt, mir geht nix ab, ich vermisse nicht mal sowas wie „kompetente Arbeit“ des BMI. Weil, ehrlich gesagt, das hab ich mir schon längst abgeschminkt. Ich kann mir pi mal Daumen vorstellen, wie Arbeit im BMI nämlich ungefähr aussieht, und zwar wahrscheinlich so: Kaffeerunde, ein bisschen Blabla, ein vermeintlicher Geistesblitz („Ha, sowas wie ´ne Anti-Radikalisierungskampagne!“), ein Keks und noch mehr Blabla, ein bisschen dümmliches Brainstorming („Die Leute auf den Postern müssen aber klar als muslimische Ausländer erkennbar sein, das ist wichtig!“), noch mehr Blabla, und dann noch sowas wie ´ne schnell eingeholte Absolution der islamischen Verbände („Wenn die ja sagen, dann ist das wirklich ´ne Spitzenidee, und dann kann auch keiner sagen wir würden irgendwie mit Ressentiments spielen!“). Liebes BMI, wie viele Deiner wichtigsten Hauptwürdenträger sind männlich, weiß, über 40, in der Hauptsache christlich sozialisiert?

Ich vermisse also nix. Bis auf eine Sache: Meine Steuergelder. Die Kohle, die mir jeden Monat abgezwackt wird, damit ich anscheinend nicht nur sinnlose, sondern auch noch fahrlässige PR-Aktionen mitfinanziere. Mir werden jeden Monat Moneten abgezogen, damit ich meinem Anteil an dem Schrott zahle, der mich quasi selbst mit durch den Dreck zieht? Butch, please… Und dann auch noch Aktionen, die darin gipfeln, dass am Ende den Leuten, die mit sowas mal wieder unter Generalverdacht „Böse, böse“ abgespeichert werden, die Arschkarte zugeschoben werden soll („Wieso? Wir haben die K*n*k*n doch gefragt und die fanden es ganz super!“)? Interessant!

Und mir ist auch egal, wie das Tagesgeschäft dieser Verbände aussieht, ob sie mit Feuereifer dabei sind oder nicht, sich nur den Arsch platt sitzen oder E-Mails verchecken, und niemand, der irgendwie als „muslim originated“ identifiziert werden könnte, sollte sich wie auch immer gelagert für das alles entschuldigen oder rechtfertigen, denn die Kampagne ist nur eins: Ausdruck einer abendländischen White Male Privilege-Mentalität, in der alltagsrassistische Momente als intelligente aufklärerische Blitzideen freiheitlichen Gedankenguts gefeiert werden. Nicht mehr, nicht weniger. Und nun möge man mich mich bitte entschuldigen, denn ich möchte herausfinden, wie ich meine Steuergelder vielleicht in Zukunft besser investieren kann. Zum Beispiel für die Beobachtung rechtsradikaler Musiker, die anscheinend fast so gut (oder: noch besser) informiert sind wie (als) unser Verfassungsschutz.

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5 Gedanken zu „Der Alltagsrassismus des BMI: Das Gotham City der Nullchecker

  1. Marko sagt:

    Body Mass Index ..?!?

  2. Marko sagt:

    Ist das bereits ein „Gedanke“ ?

  3. […] Der Alltagsrassismus des BMI: Das Gotham City der Nullchecker: Ich vermisse also nix. Bis auf eine Sache: Meine Steuergelder. Die Kohle, die mir jeden Monat […]

  4. Doktor Kräsch sagt:

    Diese Aktion ist offenbar nicht durch Vollpfosten eingeleitet, sondern durch Brandstifter:

    http://www.ksta.de/koeln/-vermisst–roters-missbilligt-werbeaktion,15187530,18515416.html

    Warum sonst sollten die beleidigenden Kommentare an dem Ort der NSU Nagelbombe verteilt werden? So blöd kann eigentlich niemand sein, hier muss man doch Absicht unterstellen?

    Das ist unfassbar!

    • Doktor Kräsch sagt:

      Statt „beleidigende Kommentare“ wollte ich „beleidigende Postkarten“ schreiben.

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